SFB/FK-427 Medien und kulturelle Kommunikation

Prof. Dr. Michael Hagner

Gastprofessur SS 2006

Vom 01. April bis zum 30. April 2006 ist Prof. Dr. Michael Hagner zu Gast beim Kulturwissenschaftlichen Forschungskolleg. Im Rahmen seines Aufenthalts finden folgende Veranstaltungen statt:

Sexualität und Medien 1903. Ein päderastisches Verbrechen und seine Folgen

Vortrag

Massenmedien haben seit ihren Anfängen Vorstellungen und Bewertungen der Sexualität und der Sexualpathologie mitgeprägt. Was als normal, pervers oder auch kriminell zu verstehen sei, wird im öffentlichen Raum verhandelt und nicht hinter verschlossenen Türen. Selbstverständlich haben Sexualwissenschaften, Psychiatrie und die biomedizinischen Wissenschaften gewichtige Anteile an der Definitionsmacht von Sexualität, doch darüber wird leicht übersehen, dass diese Wissenschaften selbst durch die Medien kontaminiert sind. Diese These wird am Beispiel eines aufsehenerregenden Kriminalfalls aus dem Jahre 1903 illustriert. Ein Hauslehrer misshandelte das Kind einer hochstehenden Persönlichkeit zu Tode, und erst durch die in der Presse des deutschen Kaiserreichs kolportierte Geschichte konnte dieser Fall zum Modell für den später in Psychiatrie und Sexualwissenschaften kanonisierten "sexuellen Flagellantismus" werden.

Dienstag, 04.04.2006, 18.15 Uhr
Konferenzraum des Kollegs, Pohligstr. 1, 50969 Köln

Visualisierung des Gehirns

Workshop

Das Verständnis der Gehirnfunktionen ist weniger elaborierten Theorien als vielmehr technischen Verfahren und Darstellungsformen geschuldet, die immer wieder neue Einsichten ins Gehirn versprechen. Das beginnt mit den Lokalisationstheorien und der Neuronenlehre des 19. Jahrhunderts und reicht bis zu den heute gängigen Visualisierungen des Gehirns, die uns inzwischen als florierende Bindestrichwissenschaften (Neuroökonomie, Neuropädagogik, Neuroästhetik usw.) Aufklärung über uns selbst versprechen. Faszination und Überzeugungskraft dieses Bereichs der kognitiven Neurowissenschaften funktionieren jedoch nur deswegen so gut, weil im Schlepptau des Neuroimaging anthropologische Vorstellungen und Theorien aus dem 19. und 20. Jahrhundert reaktiviert werden, die einerseits Ausdruck einer sozialen und wissenschaftlichen Amnesie sind, andererseits zeigen, dass sich theoretische Ratlosigkeit wenigstens eine Zeit lang hinter der vermeintlichen Evidenz der Bilder verbergen kann.

Donnerstag, 20.04.2006, 14.15-18.00 Uhr
Konferenzraum des Kollegs, Pohligstr. 1, 50969 Köln

Konferenz "Spektakel der Normalisierung" - Die Normalisierung der Monstrositäten oder: Wie monströs ist das Normale?

Keynote

Donnerstag, 27.04.2006, 18 Uhr c.t.
Universität zu Köln, Albertus-Magnus-Platz, Hauptgebäude, Neuer Senatssaal


Michael Hagner ist seit 2003 Professor für Wissenschaftsforschung an der ETH Zürich. Zuvor war der promovierte Mediziner, der sich 1994 am Institut für Geschichte der Medizin der Universität Göttingen habilitierte, sechs Jahre lang permament research fellow am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin. Er hat u.a. zu Theorien des Sehens, zu Fragen der Repräsentation in der Wissenschaftsgeschichte, zur Geschichte der Elitegehirnforschung und zu Funktionen und Leistungen epistemischer Bilder geforscht und zahlreiche Publikationen vorgelegt. In jüngster Zeit hat Michael Hagner die Studie Geniale Gehirne (2004) veröffentlicht sowie den Band Einstein on the Beach (2005) herausgegeben.

Veranstaltungstyp: Workshops - Gastprofessuren




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