SFB/FK-427 Medien und kulturelle Kommunikation

Datenbank Diskursgeschichte der Medien

Gesellschaftliche Selbstbeschreibungen in Mediendiskursen der DDR und BRD

Die Datenbank wurde im Rahmen des Projektes Zur Diskursgeschichte der Medien. Gesellschaftliche Selbstbeschreibungen in Mediendiskursen der DDR und BRD erstellt. Sie diente dabei als Grundlage für eine Reihe von Ergebnissen des Projekts. Das Projekt dauerte von 2002-2005 und ist die Fortsetzung des Projektes Mediendiskurse in ihrer Relevanz für das kulturelle Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland: Zur Koevolution von Kommunikationstechnologien und medial induzierten Selbstbeschreibungsmodellen der Gesellschaft (2000-2001).

Im Zentrum der Projektarbeit stand die Erschließung und Analyse der deutschsprachigen Mediendiskurse nach 1945 und zwar geleitet von dem Ziel, sie in ihrer Bedeutung als gesellschaftliche Selbstbeschreibung zu verorten. Es ging um Fragen danach, in welcher Weise sich Identitätskonstruktionen und Einheitskonzepte der Gesellschaft in Diskurse über neue Medien einschreiben bzw. durch solche Diskurse überhaupt erst artikuliert werden. Dabei wurde untersucht, wie neue, auf Medien bezogene und für Medien entwickelte Semantiken in Relation oder Konkurrenz zu vorgeprägten Einheitskonzepten (z.B. Nation) treten. Damit knüpfte das Projekt an den Forschungsstand der ersten Phase an, in der diese Perspektive vor allem im Hinblick auf die Etablierung des Fernsehens als Massen- und Leitmedium in der BRD der 1950er und frühen 60er Jahre verfolgt wurd. Die Fortführung des Projekts nahm den in der ersten Projektphase als produktiv erwiesenen Zugriff auf und verfolgte die Diskurse bis zu jenem Stadium, an dem sich in den 1970er und frühen 80er Jahren das audiovisuelle Medienangebot durch Video, Kabel und Satellit ausdifferenziert und mit der Einführung des Dualen Systems eine Zäsur gebildet wird. Vor dieser Folie sollte geprüft werden, ob und inwiefern das Beschreibungsmodell 'Massenmedien' seine Deutungskraft für die Beobachtung der Gesellschaft zunehmend verliert und mit welchen veränderten Semantiken fortan die Medialität von Gesellschaft erfasst wird. Der Vergleich ost- und westdeutscher Mediendiskurse leistet für die Fragestellung eine wesentliche konzeptuelle Ergänzung.

Für die Projektarbeit bildete das Medium Fernsehen – als Leitmedium – das Zentrum des Forschungsinteresses. Während zuvor hauptsächlich die Institutionalisierung des Fernsehens in der Bundesrepublik (bis ca. 1960) bearbeitet wurde, ging es in der zweiten Projektphase darum, diesen Prozess für die DDR aufzuarbeiten und dann systemvergleichend die Kommentierung der Ausdifferenzierung des audiovisuellen Medienangebots zu verfolgen. Dabei ist das Projekt von einer im engen Sinne medienhistorisch begründeten Periodisierung abgerückt, die allein in der Immanenz der Medienentwicklung die wesentliche diskurssteuernde Potenz sieht. Insbesondere für die DDR wurden politische Zäsuren relevant. So wurde die Untersuchung der DDR mit 1972 abgeschlossen, dem Jahr, in dem sich die Mediendiskurse nach den Turbulenzen, die durch den Führungswechsel in der SED entstanden waren, beruhigten und fortan stabil blieben. Für die Bundesrepublik wurde als abschließende Zäsur nicht eine medientechnische Innovation, sondern die Etablierung des Dualen Systems Mitte der 80er Jahre gewählt. Der theoretische Ausgangspunkt, Mediendiskurse als Selbstbeschreibung der Gesellschaft zu lesen, knüpft an die systemtheoretische Überlegung an, dass die Gesellschaft der Moderne nicht mehr über eine fixierbare Identität verfügt, sondern dass diese permanent durch – kontingente, konkurrierende und daher instabile – Beschreibungen operativ hergestellt werden muss. Solche Selbstbeschreibungen der Gesellschaft werden mit der funktionalen Differenzierung nicht mehr in der Wissenschaft, der Politik oder Religion verfertigt, sondern durch ein System der Massenmedien, das selegiert, was in der Gesellschaft jeweils als relevant und aktuell gelten kann. Weil die Medien eine sozial derart ausgezeichnete Position haben, müssen sie konsequenterweise selbst als wesentliches Element in der Beschreibung auftauchen: Sie sind also zugleich Mittel und Gegenstand der gesellschaftlichen Selbstbeschreibung. Insofern also die massenmediale Publizistik als jenes Teilsystem gelten kann, das das Wissen über die sich stetig im Fluss befindliche Gesellschaft produziert und in Umlauf setzt, wurde eine als exemplarisch gesetzte Auswahl an publizistischen Organen (Publikums- wie Fachzeitschriften) auf ihre Medienbeobachtung hin systematisch ausgewertet, um die gesellschaftliche Semantik zu rekonstruieren. Themen und Semantiken der entsprechenden gesellschaftlichen Teilsysteme wurden aufgenommen, insofern sie der publizistische Mediendiskurs aufgreift.

In Anschluss an diese theoretischen Vorüberlegungen wurde ein Korpus publizistischer Organe erstellt, anhand derer zunächst verzeichnet wurde, welche Themen und semantischen Codierungen die diskursive Behandlung von Medien leiten. Dazu wurde die Datenbank angelegt, in der die Artikel aus den zugrunde gelegten Zeitschriften eingegeben und die von ihnen in Anschlag gebrachten Themen und Begriffe erfasst wurden. Im Laufe der Eingabe wurden die Kategorien nach Maßgabe des erarbeiteten Materials erweitert und korrigiert. Aufgrund dieser ständigen Anpassung der Datenbank an das Material kann aus ihr keine quantitative Analyse gewonnen werden.

Auf der Basis dieser Auswertungen ließ sich aber die Karriere einzelner Themen und Semantiken wie insbesondere auch deren Vernetzung untereinander erfassen. Ziel war es dabei, jene Codes herauszuarbeiten, anhand derer Medien und Gesellschaft in ein Verhältnis gesetzt werden. Als relevant für diese Fragen erwiesen sich Unterscheidungen wie z.B. aktiv/passiv, aufmerksam/zerstreut, gesund/krank, Produzent/Empfänger, Individuum/Masse, integrativ/fragmentierend, lokal/global, Kommunikation/Information.

Als 'Archiv' zu den deutschen Mediendiskursen nach 1945 stehen nun für die Bundesrepublik bis 1984 und für die DDR von 1959 bis 1971 insgesamt mehrere tausend Datensätze zur Verfügung.

Erfasst sind insgesamt folgende Zeitschriften:

BRD

  • Der Spiegel: 1947-1984
  • Rundfunk und Fernsehen: 1948-1986
  • epd/Kirche und Fernsehen; bzw. epd/Kirche und Medien: 1949-1984
  • Akzente: 1954-1973
  • Merkur: 1950-1984
  • Frankfurter Hefte: 1948-1975
  • Neue Rundschau: 1948-1990
  • [außerdem nur für die erste Projektphase: Fernseh-Informationen: 1949-1954; Rufer und Hörer: 1950-1963]

DDR

  • Sonntag: 1959-1972
  • Einheit: 1959-1972
  • Forum: 1959-1972
  • Weltbühne: 1959-1965
  • Sinn und Form: 1949-1973
  • Weimarer Beiträge: 1955-1972
  • Deutsche Filmkunst: 1953-1962
  • Unser Rundfunk/FF/FF dabei: 1959-1972
  • Theorie und Praxis: 1960-1975
  • Prisma: 1969-1972
  • Unterhaltungskunst: 1969-1972

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Zuletzt geändert am 25. Juli 2007 um 15:19 Uhr - Kontakt - Login zum Bearbeiten

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