Weiße Flecken und finstre Herzen

Von der symbolischen Weltordnung zur Weltentwurfsordnung

Bernhard Siegert (Bauhaus-Universität Weimar)

Abstract

Martin Heidegger zufolge ist der Grundvorgang der Neuzeit die Eroberung der Welt als Bild. Diese Eroberung basiert auf dem Entwurf: Das neuzeitlich-europäische Subjekt entwirft sich als vom Entwurf Entworfenes. Dieser Entwurf hat planetarische Dimensionen. Die Frage ist, wie Heideggers Überlegungen zum Entwurf im einzelnen auf die traditionellen Künste des Entwerfens übertragen werden können: auf Architektur, Malerei und Skulptur. Die These ist, daß hierzu das Entwerfen von seiner florentinischen Lesart als disegno zu distanzieren und stattdessen als Kulturtechnik der Projektion und Projektierung aufzufassen wäre. Der Entwurf nimmt seinen Ausgang nicht von einem genialen "uomo universale", der in einem Kraftakt des Willens das Entwerfen entworfen hätte, sondern von Werkstatttechniken im 14. Jahrhundert, in denen die Zeichnung als Medium Bedeutung erlangte. Von hier aus beginnt sich im 16. Jahrhundert die Möglichkeit, das Zukunftsoffene als einerseits das Virtuelle und andererseits als das Unbekannte zu verzeichnen, als Praxis technischer Designs in den Werkstätten und als Praxis der kartographischen Landnahme im globalen Maßstab durchzusetzen. Der Beitrag versucht zu zeigen, wie beides – die Werkstatt und das Planetarische – im Modus graphischer Operationen zusammenfindet.

Bio

Bernhard Siegert ist Professor für Geschichte und Theorie der Kulturtechniken an der Fakultät Medien der Bauhaus-Universität Weimar. Er studierte Germanistik, Philosophie und Geschichte an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg. 1991-93 arbeitete er als Assistent am Germanistischen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Bis 1998 war Bernhard Siegert wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Ästhetik und Geschichte der Medien des Instituts für Kultur- und Kunstwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. 1999 gründete er zusammen mit Wolfgang Schäffner das DFG-Forschungsprojekt "Europa – Aufschreibesysteme aus Codes, Medien und Künsten" am Zentrum für Literaturforschung in Berlin. 2004/05 war er Visiting Fellow am Internationalen Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) in Wien.

Auswahl Veröffentlichungen

Die Leiche in der Wachsfigur. Exzesse der Mimesis in Kunst, Wissenschaft und Medien. In: Peter Geimer (Hg.): Untot. Verhältnisse von Leben und Leblosigkeit. Berlin. 2007 (Im Erscheinen)

Passagiere und Papiere. Schreibakte auf der Schwelle zwischen Spanien und Amerika. Wilhelm Fink Verlag und NZZ Libro, München-Zürich 2006.

Passage des Digitalen. Zeichenpraktiken der neuzeitlichen Wissenschaften 1500-1900, Brinkmann & Bose, Berlin, 2003.

[...] Auslassungspunkte, Leipzig, 2003.

Relais. Geschicke der Literatur als Epoche der Post (1751-1913), Brinkmann & Bose, Berlin, 1993 (2. Auflage 2004)

Info

Das Planetarische. Kultur - Technik – Medien im postglobalen Zeitalter ist eine Tagung des Kulturwissenschaftlichen Forschungskollegs "Medien und kulturelle Kommunikation" (SFB/FK-427), Universität zu Köln.

Ort & Datum

Köln, Mediapark
9-11. Oktober 2008
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