Die normative Kraft des Flüchtigen

Figurationen des Globalen in der Welt der Weltausstellungen, 1851-1900

Alexander C.T. Geppert (Harvard University/Freie Universität Berlin)

Abstract

Die internationalen Ausstellungen des 19. Jahrhunderts stellen das mediale Äquivalent zum Internet des 21. Jahrhunderts dar. Seit ihrer Inauguration am 1. Mai 1851 war es erklärtes Ziel jeder nachfolgenden Weltausstellung, für einen begrenzten Zeitraum an einem fest umrissenen Ort innerhalb der ausstellenden Großstadt eine maßstabsgetreue Miniaturversion der Welt zur Schau zu stellen. Für repräsentativ erachtete und überall zusammen gesammelte Artefakte wurden in der Metropole nach stets komplexeren Klassifikationssystemen für ein von weither anreisendes Millionenpublikum aufbereitet und dabei mögliche Formen einer zukünftigen Weltgesellschaft erprobt. Was sich jedoch nachhaltig globalisierte, war nicht die Message, sondern das Medium. Binnen kurzem bildete sich ein 'world wide web' des Ausstellungswesens, an dem teilzuhaben jede Großstadt erst zur Weltstadt erhob. Das 'Rätsel' dieses Netzwerkes lautete nicht, wieso in regelmäßigen Abständen immer aufwendigere Ausstellungen an immer neuen Orten veranstaltet wurden, sondern warum diese ephemeren urbanen Räume stets über dieselben intertexturellen Accessoires verfügten und weit reichende strukturelle Ähnlichkeiten aufwiesen. Wie ist der zu einem frühen Zeitpunkt hohe Grad an Selbstbezüglichkeit und intermedialer Verschränkung zu erklären? Der Vortrag verfolgt unterschiedlich gelagerte Figurationen des Globalen im "Weltausstellungssystem" (Friedrich Reusche) bis etwa 1900, als das Medium einen Großteil seiner Prägekraft eingebüßt hatte und das deutsche Schlagwort der "Ausstellungsmüdigkeit" auch die internationale Debatte prägte.

Bio

Alexander Geppert studierte Geschichtswissenschaft, Philosophie und Psychologie in Bielefeld, Baltimore, Göttingen und Florenz. Von 1998 bis 1999 war er Visiting Scholar an der University of California in Berkeley und 1999 Chercheur invité an der Ecoles des Hautes Etudes et Sciences Sociales in Paris. 2001-2002 arbeitete er als Junior Fellow am Internationales Forschungszentrum Kulturwissenschaften (IFK) in Wien. 2002 wurde ihm der Theodor-Körner-Preis zur Förderung von Wissenschaft und Kunst verliehen. 2002-2005 war Alexander Geppert Fellow am Kulturwissenschaftlichen Institut (KWI) im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen. Derzeit ist er Fellow am Minda de Gunzburg Center for European Studies der Harvard University.

Ausgewählte Veröffentlichungen

Fleeting Cities: Imperial Expositions in Fin-de-siècle Europe, New York/Basingstoke: PalgraveMacmillan, 2009 (im Erscheinen).

Ortsgespräche: Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert, Bielefeld: transcript, 2005 (mit Uffa Jensen und Jörn Weinhold).

New Dangerous Liaisons: Discourses on Europe and Love in the Twentieth Century, Oxford/New York: Berghahn Books, 2008 (mit Luisa Passerini und Liliana Ellena. Im Erscheinen).

1800 | 2000. Kulturgeschichten der Moderne. Bielefeld: transcript, 2008 ff. (mit Peter Becker, Jane Caplan, Martin H. Geyer und Jakob Tanner).

Info

Das Planetarische. Kultur - Technik – Medien im postglobalen Zeitalter ist eine Tagung des Kulturwissenschaftlichen Forschungskollegs "Medien und kulturelle Kommunikation" (SFB/FK-427), Universität zu Köln.

Ort & Datum

Köln, Mediapark
9-11. Oktober 2008
Mehr…

"));