Kohlenstoffzyklus und Kapitalkreislauf

Wie mit dem Klimakollaps Geld verdient wird

Elmar Altvater (Freie Universität Berlin)

Abstract

Wenn die fossilen Energieträger im Erdboden geortet sind, werden sie als Öl-, Gas- und Kohlereserven verbucht und erscheinen zugleich als Kapitalwert in den Bilanzen der Rohstofffirmen. Deren Börsenwert steigt und mit ihm in aller Regel auch die Gehälter der führenden Manager. Weniger Öl aus dem Boden zu holen ("leave the oil in the soil") ist daher gleichbedeutend mit einer Vernichtung von Kapital, gegen die sich die Ölkonzerne zur Wehr setzen. Daher versucht Klimapolitik, nicht die Ölförderung (und die anderer fossiler Energieträger) zu drosseln, sondern die Emissionen der Verbrennung des Öls zu neutralisieren: durch Förderung von Kohlenstoffsenken (z.B. Aufforstung von Wäldern) oder indem das CO2 abgeschieden, in Kavernen der Erdkurste verpresst und dort für lange Zeit gelagert wird. Letztere Methode funktioniert bislang nicht. Also wird mit "marktbasierten Instrumenten" (Emissionshandel) versucht, erstens die Effizienz der Energienutzung zu steigern und zweitens Kohlenstoffsenken zu fördern, indem Emissionsrechte verkauft werden. Mit Zertifikaten über Emissionsrechte ist ein blühender Handel zwischen nördlichen Industrieländern und Ländern des globalen Südens entstanden. Klimapolitik wird also mehr und mehr von Akteuren der Finanzmärkte gemacht, die eher Interesse an guten Geschäften als an einer Reduktion der Emission von Treibhausgasen haben. Die Klimapolitik befindet sich auf einem gefährlichen Irrweg, der in die falsche Richtung führt. Kaum jemand merkt es und kaum jemand setzt sich für eine Kurskorrektur ein.

Bio

Elmar Altvater ist Professor em. für Politikwissenschaft am Otto-Suhr-Institut der FU-Berlin. Altvater studierte in München Ökonomie und Soziologie und promovierte über "Umweltprobleme in der Sowjet-Union". Am Otto-Suhr-Institut in Berlin engagierte er sich in der "Sozialistischen Assistentenzelle", war Vordenker der marxistisch geprägten politischen Theorie und Mitglied der 68er-Bewegung. 1970 gründete er mit anderen die "PROKLA - Zeitschrift für kritische Sozialwissenschaft", bei der er noch heute Redaktionsmitglied ist. Zudem schreibt er regelmäßig für die Wochenzeitung "Freitag". Im Jahre 1971 wurde Altvater Universitätsprofessor für politische Ökonomie am Otto-Suhr-Institut. Neben Fragen der Entwicklungstheorie, der Verschuldung sowie der Regulierung von Märkten beschäftigt er sich mit den Auswirkungen kapitalistischer Ökonomien auf die Umwelt.

Ausgewählte Veröffentlichungen

Globalisierung der Unsicherheit – Arbeit im Schatten, schmutziges Geld und informelle Politik, Westfälisches Dampfboot, Münster 2002.

Die Zukunft des Marktes. Ein Essay über die Regulation von Geld und Natur nach dem Scheitern des "real existierenden Sozialismus", Westfälisches Dampfboot ,Münster 1991.

Die Weltwährungskrise, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt und Wien 1969.

Info

Das Planetarische. Kultur - Technik – Medien im postglobalen Zeitalter ist eine Tagung des Kulturwissenschaftlichen Forschungskollegs "Medien und kulturelle Kommunikation" (SFB/FK-427), Universität zu Köln.

Ort & Datum

Köln, Mediapark
9-11. Oktober 2008
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