SFB/FK-427 Medien und kulturelle Kommunikation

Mikhail Ryklin: Wem gehört die Sprache der Kunst?

Bilder des Glaubens im Zeitalter ihrer Verstaatlichung

Film & Vortrag

15.5.2007, 19:00 Uhr, Museum Ludwig Köln

Michail Ryklin widmet sich in seinem Vortrag aktuellen politischen Tendenzen im Umgang mit der Meinungs- und Kunstfreiheit im heutigen Russland. Im Januar 2003 wurde im Moskauer Sacharow-Zentrum die Kunstausstellung „Achtung, Religion!“ verwüstet. Doch nicht die Täter sahen sich öffentlicher Ächtung und juristischer Verfolgung ausgesetzt, sondern Ausstellungsmacher und Künstler. In einem Aufsehen erregenden Strafprozess wurden sie der „Beleidigung der religiösen Gefühle des russischen Volkes“ angeklagt und mit Lagerhaft bedroht. Der Vortrag verfolgt die Phasen des Prozesses, der sich hieran anschloss.

Bis zu diesem Ereignis glaubte man, die Sprache der zeitgenössischen Kunst sei eine Domäne der Künstler, Kuratoren, Galeristen - eine Sprache, die sich im professionellen Milieu formiere. Niemand hatte Zweifel daran, dass die religiösen Gefühle im Kontext der zeitgenössischen Kunst eine prinzipiell andere Rolle spielen, als sie dies in der Sphäre des religiösen Rituals tun. Beide Vorannahmen erfuhren in diesem Prozess nun eine Infragestellung. Die Organisatoren der Ausstellung verloren ihn und wurden im März 2005 zu einer Geldstrafe verurteilt. In der Folgezeit war immer wieder zu beobachten, dass man Kunstwerke, die sich religiöser Symbolik bedienten, aus Ausstellungen entfernte oder sogar zerstörte. Selbst Ballettaufführungen und Opern mit religiösem Akzent entgingen nicht dem Zorn der Fundamentalisten. Wenngleich die Demontage des Erbes der Aufklärung eine spezifische Färbung in Russland aufweist (hinter dem Rücken der „Staats“-Religion steht die Regierung), so trägt sie doch internationale Züge. Man denke nur an die Auseinandersetzung in Zusammenhang mit den dänischen Mohammed-Karikaturen.

Vor dem Vortrag wird der in Zusammenhang mit Ausstellung und Prozess stehende Videofilm „Für alles verantwortlich“ (15 min, Regie: Anna Altschuk/Olga Kumeger, Ton: Aleksej Borisov) gezeigt.

Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Veranstaltungstyp: Sonstiges




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